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Der echte Perser

Maschen tausendabertausendweit

(MUSIK) Persische Musik

(AUTORIN) "Es war einmal...", so beginnen Märchen in Europa. "Es geschah, es geschah nicht, vor langer langer Zeit", heißt es bei den Arabern. Und bei den Persern: "Es war einer, es war keiner, außer Gott war niemand". In der Vorstellungswelt des Orients oszillieren das Jetzt und Immer, die Einheit und Vielheit. Die Fläche des Teppichs ist ein kleiner Ausschnitt des Unendlichen und Ewigen; in ihm fließen Zeit und Raum zusammen. Die Kunst des Teppichknüpfens ist uralt. Der Garten – das Paradies auf Erden in einem Land, das zu weiten Teilen Wüste ist und in dem die Gartenarchitektur zur Blüte gelangte. 'Paradies', das Wort altpersischen Ursprungs, ist für Moslems wie für Christen verbunden mit der Sehnsucht nach einem wunderbaren Garten, in dem alle Pflanzen und Blumen zugleich blühen und Früchte tragen, der ewige Frühling. 'Gartenteppiche' zählen zu den schönsten Erzeugnissen persischer Knüpfkunst des 16. und 17. Jahrhunderts.

(MUSIK) Persische Musik

(ZITAT) In dem Garten liebliche Gesänge, / In der Aue klarer Wasserstrahl, / Diese voll von vielgefärbten Tulpen, / Jener voll von Früchten ohne Zahl. / Einen Teppich breiteten die Winde / Schimmernd in der schatt'gen Bäume Saal. (Saadi, 13. Jahrhundert)

(AUTORIN) Die Natur als Garten, festgehalten in einem Kunstwerk. Ein Teppich, gefertigt nach den Vorlagen der Meister der Miniaturmalerei: Blumenbeete mit vielgestaltigen Blüten und Pflanzen, Baumalleen und Wasserbassins mit kleinen Wellenmustern. Vögel und Tiere aller Art tummeln sich zwischen blühenden Bäumen und dunklen Zypressen. Der Teppich als Garten lädt ein – ob im Sommer, ob im Winter -, sich auf ihm niederzulassen.

(ATMO) Moschee

(AUTORIN) Die "Schöne Aussicht" am Ostufer der Außenalster. Mitten in Hamburgs 'guter Stube' steht die Imam-Ali-Moschee der iranischen Gemeinde. In Türkis- und Blautönen leuchtet der Kuppelbau mit seinen Minaretten. Die lichte moderne Betonarchitektur verbindet sich mit orientalischen Formelementen und ist außen wie innen mit Keramik- und Mosaikarbeiten geschmückt. Unter der Kuppel betreten die Gläubigen eine Kostbarkeit: der Gebetsraum ist mit dem größten in einem Stück geknüpften Rundteppich der Welt ausgelegt. Sein Durchmesser: fast 16 m, seine Fläche: knapp 200 qm. 20 Knüpferinnen haben für diese Arbeit unter der Aufsicht eines bekannten Teppichmeisters drei Jahre benötigt. Eine Frau begann in der Stadt Arak zu knüpfen; während der Teppich in die Breite wuchs, kamen immer mehr Knüpferinnen hinzu; bis schließlich wieder eine einzelne Frau das Meisterstück beendete, nach 80 Millionenen Knoten. Die Farben des Teppichs sind der Moschee angepaßt: der Fond ist Indigo-Blau, Mitternachtsblau. Sein verschwenderische Gebrauch bedeutet von jeher einen großen Luxus. Der schöne Torang, das Mittelmuster, ist von der Kuppel der Scheikh Lotf-Allah-Moschee in Isfahan, der Gebetsstätte der Schahs der Safawiden-Dynastie, inspiriert. Hier dominieren Cremefarben. Nach außen schließen sich Mighrab-Muster an, umlaufende Gebetsnischen-Motive, in die sich Rot-, Kupfer- und Zimttöne mischen. 27 Naturfarben sind in den Teppich eingearbeitet und die Muster verschiedener Regionen des Iran. Die Moschee, die den Gläubigen aller Nationaltäten und islamischen Glaubensrichtungen offensteht, ist der Stolz der iranischen Kolonie Hamburgs. Sie ist die älteste und größte persische Kolonie in Europa. Zur Finanzierung der Moschee tragen auch die Spenden der persischen Kaufmannsfamilien bei. So wie die der Familie von Hossein Keyanian, eine der ältesten in Hamburg.

(HOSSEIN KEYANIAN) Mein Großvater war in Rußland, in Turkmenistan. Mein Großvater hatte seine beiden Söhne mitgenommen nach Rußland, weil man in Persien immer in Armut und Krise lebte. Und Rußland war ja unser Nachbar. Die zaristische Zeit, da wurden enorm viele Geschäfte gemacht. Und mein Großvater war in Ashkabath, der hat dann von da aus über Bombay nach England exportiert. Persianerfelle und Baumwolle hat er gehandelt. Als dann die Kommunisten kamen, haben sie das alles verboten. Und dann kam Trotzky an die Macht. Und der hat dann so wie Tito später den Kleinhandel erlaubt. Bis er rausgeschmissen wurde von Stalin, bis 1928. Und da haben wir wieder angefangen, mein Onkel hat dann aus China Tee importiert, über den berühmten Fluß, die zwischen China und Turkmenistan liegt, hat er den chinesischen Tee da auf dem Schwarzmarkt gekauft. Da sind sie dahintergekommen und wollten ihn erschießen. Und da ist er dann nach Berlin geflüchtet über Leningrad. So hat unsere Geschichte und unser Handel mit Hamburg angefangen.

(ALI IPEKTCHI) Hier in Hamburg sitzen zum Teil seit Generationen, zum Teil schon seit dem 19. Jahrhundert Kaufleute.

(AUTORIN) Dr. Ali Ipektchi ist in Hamburg geboren. Heute ist er Vorsitzender des "Bundesverbandes der Orientteppich-Importeure".

(ALI IPEKTCHI) Es gehörte schon immer zum guten Ton von Familien im Iran, wenn ihr Filius nach Europa sollte und was lernen sollte, zu sagen: 'Na, dann geh mal nach Hamburg, denn da habe ich auch einen Partner sitzen, da sitzt ein Hadji, mit dem wir Geschäfte machen, und der kann dir dann auch immer einen Monatswechsel geben, und da lernst du was Anständiges.'

(AUTORIN) Dr. Ali Ipektchis Vater gründete die Firma "Ipek" nach dem 2. Weltkrieg.

(ALI IPEKTCHI) Diese Verbindung zu Hamburg rührte natürlich daher, Hamburg als Handelsstadt, als Hafenstadt war immer Anlaufpunkt für Exporte aus dem Iran oder aber Importe aus Deutschland, die über Hamburg in den Iran gingen.

(HOSSEIN KEYANIAN) Also, wir haben enorm exportiert nach Persien von hier. Maschinen, Autos. Bis 1941, bis der Krieg mit Rußland begann, haben wir laufend exportiert. Wir haben viele Fabriken vertreten in Persien. Wir haben die VOMAG-Werke vertreten, die bedeutend größer war als Daimler Benz. Wir haben die Phoenix-Nähmaschinenfabriken vertreten. Wir haben Bosch-Werk vertreten, Elektroersatzteile für Autos, und dann haben wir sehr viel Doppeltücher exportiert von Mönchengladbach, das war die Zentrale der Tuchfabriken. Hüte haben wir exportiert, nachdem Hüte Mode wurden in Persien. Und auch sehr interessant ist, die Verladungen waren in 14 Tagen in Persien. Die wurden verschifft über Donau- Dampfschiffahrts-Gesellschaft ins Schwarze Meer. Das ging sehr schnell. In 14 Tagen haben wir Ware aus Hamburg nach Täbris gebracht. Und dann haben wir nach dem Kriege wieder begonnen. 1949, als die Bundesrepublik gegründet wurde, haben wir unsere Firma wieder hier in Hamburg eröffnet, am Neuen Wall 68, das war ausgebombt. Wir haben diese eine Etage ausgebaut, und vorne hatten wir einen Teppichladen und hinten unsere Büroräume. Und wir waren die ersten, die wir nach dem Kriege nach Hamburg Teppich importierten, weil wir Vorkriegsfirma waren, haben wir Kontingente bekommen, Teppichkontingente, eine gewisse Menge Teppiche einzuführen.

(ALI IPEKTCHI) Dann muß man wissen, daß natürlich nach dem 2. Weltkrieg, als alles zerstört war und die ersten Wirtschaftswunderjahre sich entwickelten, der Bedarf in Deutschland gerade auch nach etwas luxuriöseren Einrichtungsartikeln, wie zum Beispiel dem handgeknüpften Teppich, deutlich stiegen. Und da der Absatz gut war, können Sie sich vorstellen, daß manch ein Vater in Teheran seinem Sohn sagte: Du, ich habe gehört, da werden Teppiche verkauft, geh mal nach Hamburg. So mein Vater, der 1949 nach Deutschland gekommen war, um ursprünglich einmal Medizin zu studieren, aber aus einer uralten Handelsfamilie aus Täbris stammte, und dessen Hobby schon immer der Handel gewesen war. Und da hier das Geschäft boomte, gründete er 1952 seine Firma in Hamburg.

(HOSSEIN KEYANIAN) In den 50er, 60er Jahren waren sehr viele Studenten, die Teppichhändler geworden waren. An und für sich den Studenten haben wir zu verdanken, daß so viele Teppiche umgesetzt wurden. Die haben auf ihre Schultern genommen, die Treppen hoch, und haben sie an den Deutschen – an den Mann gebracht.

(ALI IPEKTCHI) Mit dem boomenden Teppichgeschäft nahm natürlich die Bedeutung der Teppiche im Verhältnis zu allen anderen Dingen so sehr zu, daß ich sagen kann, seit Mitte der 60er Jahre handelt mein Vater ausschließlich mit Teppichen, das heißt er beschäftigt sich mit dem Import und dem Großhandel von Teppichen hier in Hamburg. Wenn Sie bei uns ins Lager gehen, da werden Sie eine fünfstellige Zahl an Teppichen sehen, das ist natürlich saisonbedingt. Das können 10.000, 20.000 Teile sein. Wie wird das finanziert? Das ist das sogenannte "Abladerprinzip", was bis heute eigentlich in fast unveränderter Form erhalten geblieben ist. Das heißt, es gibt Leute, die das Geld und die Möglichkeiten haben, in der Regel Bazaris, Teppiche zu kaufen. Sie schicken sie her und die Leute, die hier Lager unterhalten, bieten sie an, verdienen dabei natürlich auch, haben eine Provision, müssen aber nicht in das komplette Kapitalrisiko gehen.

(MUSIK) Traditionelle Musik aus Fars

(ATMO) Nomadenzelt mit Knüpferin, Schafsblöken und andere Geräusche

(AUTORIN) Im Süden des Iran, neunzig Kilometer von Shiraz entfernt. An einem Berghang abseits der großen Hauptstraße steht das schwarze Zelt der Ghashghai-Nomadin Goli Kash-Guli.

(GOLI KASH-GULI / ÜBERSETZERIN) Wir knüpfen unsere eigenen Teppiche mit der von uns selbst gesponnenen Wolle. Wir haben hier als Nomaden viel zu tun: Die Schafe hüten, den Haushalt erledigen, Wasser besorgen. Feuer muß gemacht werden, weil wir ja kein Gas haben. Wenn wir im Frühling die Schafe scheren, dann spinnen wir die Wolle und besorgen uns die Farben, die wir zum Einfärben der Wolle benötigen.

(AUTORIN) Der große flachliegende Knüpfstuhl, vor dem Goli auf dem Boden hockt, nimmt die Hälfte des Zeltbodens ein. Goli arbeitet an einem 'Gabbeh'. 'Gabbeh' bedeutet 'ungeschoren'. Der dicke wollene Teppich wird grob, aber sehr fest geknüpft. Goli selber hat einen Gabbeh an ihrer Schlafstätte liegen: er wärmt und man kann weich auf ihm ruhen. Er ist leicht aufzurollen und zu transportieren, wenn Goli mit ihrem Stamm weiterzieht. Ursprünglich von den verschiedenen Stammesgruppen des Fars-Gebietes für den Eigenbedarf hergestellt, ist der Gabbeh seit einigen Jahren im Handel äußerst gefragt und läßt sich gut verkaufen. Sie hat für ihren Teppich ein leuchtendes Rostrot gewählt, das die Hauptfläche ausmachen wird. Farbnuancen der selbstgefärbten Wolle lassen Schattierungen entstehen, die an die sanftgeschwungen Hügellinien der Wüstenlandschaft um sie herum erinnern. Den Rand knüpft sie als schlichtes geometrisches Rautenmuster in Grün- und Currytönen. Diese Farben nimmt sie wieder auf in zwei asymmetrisch plazierten figürlichen Motiven: einer abstrakten Frauengestalt und einem Tier.

(GOLI KASH-GULI / ÜBERSETZERIN) Ich habe die Schule nicht lange besucht und bereits mit acht oder neun Jahren mit dem Knüpfen begonnen. Wir Nomaden geben unsere Muster weiter an unsere Töchtern, oder wir zeichnen uns die Muster von anderen auf. Wenn wir Teppiche knüpfen, dann können wir unsere eigene Vorstellungskraft mit einbeziehen und zum Beispiel ein Kamel, das wir sehen, als Motiv verwenden. Das Motiv der kleinen Puppen erfindet jede selbst. Wenn wir den Teppich für uns persönlich brauchen, dann behalten wir ihn, ansonsten bringen wir ihn zum Bazar, wo wir ihn dann verkaufen.

(ATMO) Bazar in Shiraz

(MASUD JAHANGERI / ÜBERSETZER) In ihrem Winterquartier, wo sie 3 bis 4 Monaten bleiben, stellen die Nomadinnen viele solcher Teppiche her. Während dieser Zeit kümmern sie sich nicht nur um alles andere, sondern knüpfen auch noch, um einen Beitrag zum Lebensunterhalt zu leisten. Sie wählen ganz einfache Muster mit ausdrucksstarken Farben nach ihren eigenen Vorstellungen. Den Gabbeh-Teppich gab es schon immer, aber nicht in dieser Form, wie er heute existiert. Wenn sie mal auf die Muster eines Nain-, Isfahan- oder Täbris-Teppichs achten, dann werden sie feststellen, daß diese Teppiche auch in ganz anderen Städten geknüpft werden können, aber ein Ghashghai-Teppich wird nur von Nomadinnen geknüpft und sonst von niemanden. Dieser Teppich bleibt immer ein unverwechselbares Kunstwerk.

(AUTORIN) Masud Jahangeri ist Teppichhändler im Bazar von Shiraz, einer der ältesten Städte des Iran. Der Bazar von Shiraz gilt als der schönste im Land und ist Handelsplatz für die Knüpferzeugnisse der Nomaden und Dörfer der ganzen Region Fars. Die Teppiche lagern in Stapeln im Laden von Masud Jahangeri; seine schönsten Stücke hat er aufgehängt, damit sie ins Auge fallen. In jeder Provinz des Iran gibt es die ETFA, eine staatliche Genossenschaft für Knüpfer und Knüpferinnen, die auch den Vertrieb organisert. Nasser Khanbazi, der selber den Ghashgai-Nomaden angehört, leitet die Genossenschaft in Shiraz.

(ATMO) Laden der ETFA

(NASSER KHANBAZI / ÜBERSETZER) Die Genossenschaft hat in der Region 27.000 Mitglieder, die in Dörfern ansässig sind oder als Nomaden leben. Unsere Genossenschaft bezieht die Wolle von den Nomaden im Frühling, wenn diese sich auf dem Weg ins Sommerlager machen. Dann wird sie bei uns bearbeitet und eingefärbt. Die Wolle wird dann an die Knüpfer verteilt, die dann entweder nach ihren eigenen Mustern, die sie im Kopf haben, knüpfen oder aber nach traditionellen Mustern, die von Generation zu Generation weitergegeben wurden, arbeiten. Die fertigen Teppiche bringen sie zu uns, und wir bezahlen sie dafür. Dann gehen die Teppiche in die Wäscherei. Hier werden sie gewaschen und desinfiziert. Danach wird der Teppich zum Beispiel nach Deutschland oder anderswo exportiert. Über die Genossenschaften versuchen wir den Knüpfern den Geschmack der Kunden zu vermitteln. Allerdings setzen wir auch auf die traditionellen Muster und Farben, die unsere Knüpfer seit jeher verwenden. Jedes Muster hat seinen eigenen Namen, es gehört einem bestimmten Stamm an und wird immer in einer bestimmten Region geknüpft. Der Teppich im Iran ist ein Wirtschaftsfaktor. Es gibt viele Menschen hier, die damit ihr Brot verdienen. Im Iran gibt es 32 verschiedene Berufe, die in Beziehung zum Teppich stehen: angefangen vom Teppichflicker bis zum Teppichwäscher, Knüpfer, Musterentwerfer, Maler und Färber...

(ZITAT) ... Sind es Zelte des Vesires, / Die er lieben Frauen baute? / Sind es Teppiche des Festes, / Weil er sich der Liebsten traute? / / Rot und weiß, gemischt, gesprenkelt / Wüßt ich Schönres nicht zu schauen; / Doch wie, Hafis, kommt dein Schiras / Auf des Nordens trübe Gauen? (Goethe)

(ATMO) Färberei in Shiraz

(ABBAS SAYOI / ÜBERSETZER) Was beim Prozeß des Färbens passiert, kann man am besten erklären, wenn man den Teppich wie ein sprachliches Kunstwerk betrachtet. Die Blumen eines Teppichs sind wie Worte, die Ansammlung von Blumen wie ganze Sätze und diese wiederum wie Verse, die sich zu Strophen zusammenfügen. Das Ganze ist wie ein Gedicht von Hafis oder Goethe. Wenn Sie eine Blume im Teppich haben möchten, dann müssen Sie mit Gelb, Grün und den unterschiedlichsten Farben arbeiten. Die Farben sind 10 also gewissermaßen das ABC dieser Dichtkunst. Beim Färben kommt dieses Alphabet zustande.

(AUTORIN) Seit über 30 Jahren beschäftigt sich der siebzigjährige Abbas Sayoi mit Farben. Heute ist er Meister und Besitzer der größten Färberei in Shiraz. Der Geruch von Farbe und nasser Wolle liegt schwer in der Luft. In einem der großen Kessel, hoch wie ein Altglascontainer und tief in den Betonboden eingelassen, rührt und erhitzt ein Lehrling eine blaue Mixtur. Im Kessel gegenüber blubbert und köchelt eine rote Flüssigkeit vor sich hin. Daneben türmen sich Berge von ungefärbter Wolle, gebündelt zu dicken Wülsten. Zwischen dampfenden Steintrögen und Kesseln lagern die Grundstoffe für den Färbeprozeß.

(ABBAS SAYOI / ÜBERSETZER) Man hat schon vor 2000 Jahren aus Kräutern Farben und aus Mineralien Fixierstoffe hergestellt. Das ist mehr als Kunst oder einfaches Geschick, sondern dahinter steckt eine ganze Kultur. Wir gewinnen die Farbe Rot aus Krapp-Wurzel und der Kermes-Schildlaus, die Farbe Gelb aus verschiedenen Kräutersorten. Wir haben eine Regionaltechnologie der Farben in diesem Land, zum Beispiel in Isfahan haben wir reichlich Weinblätter. Aus vielen Regionen beziehen wir die Schalen von Granatäpfeln für die unterschiedlichsten Gelbtöne; verschiedene Brauntöne gewinnen wir aus Walnußschalen.

(AUTORIN) Jeder Färber trägt hier schwarze Plastikhandschuhe, die bis zu den Ellbogen reichen. Die meisten von ihnen sind afghanische Flüchtlinge und schon seit Jahren in der Färberei beschäftigt. Zusammen mit ihren Familien leben sie auf dem Gelände der Werkstatt. In einem abgetrennten Bereich steht ein steinerner Flachbau mit den Arbeiterwohnungen.

(ABBAS SAYOI / ÜBERSETZER) Nachdem die Wolle hier eingefärbt wurde, geht sie zu den Knüpfern. Der Knüpfer ist dann der Dichter. Einige davon sind ein Hafis und andere dagegen hätten es mit der Dichtung besser bleiben lassen. Und es gibt große Unterschiede. In Täbris zum Beispiel ist der Knüpfer Sklave der Mustervorlagen, in Isfahan ebenfalls. Anders dagegen sieht es bei den Ghashghai-Nomaden aus und in einigen Dörfern, wo die Knüpferin selbst eine Schöpferin ist. Zeigen Sie mir einen Teppich, den Sie mit sieben oder acht verschiedenen Farben einer Knüpferin in Auftrag gegeben haben. Ich werde Ihnen danach sagen können, wie alt diese Knüpferin war, ob sie traurig oder glücklich war, oder gar verliebt, oder ob ihr Kind gestorben ist. Ich kann Ihnen sogar sagen, ob sie sich mit ihrem Ehemann gestritten hat. Je nach ihrer Stimmung wird sie die Farben und Muster unterschiedlich anordnen.

(AUTORIN) Shiraz, "die Stadt der Rosen und der Nachtigallen", ist berühmt in der Geschichte der Kunst und der Poesie. Hier waren zwei weltbekannte persische Dichter zuhause, Saadi im 13. und Hafis im 14. Jahrhundert. Die Iraner lieben ihre Dichter; sie lesen Hafis Verse wie Orakel. Die Grabmäler beider Dichter sind viel besuchte Pilgerstätten.

(ABBAS SAYOI / ÜBERSETZER) Das Leben ist Farbe. Ein Mensch wie Goethe hat sich mit Farben befaßt und hat Anleitungen gegeben, wie man welche Farben gewinnen kann. Davon lassen wir uns anregen. Nicht nur Goethe, sondern ebenso Hafis hat sich mit den Farben befaßt. Auch mit einer Farbe, mit der wir hier in unserer Werkstatt arbeiten. Es ist die Farbe "Nill", Indigoblau.

(ZITAT) Mit der Täuschung der Farbe, / die grün angehaucht ist im gelben Gefäß, / handeln wir in Gottes Sinne. (Hafis, 14. Jahrhundert)

(ABBAS SAYOI / ÜBERSETZER) Das Gedicht von Hafis bezieht sich auf einen Vers aus dem Khoran, der besagt, daß Gott sehr gerne mit Farben arbeitet und selbst ein Färber ist, er hat zum Beispiel die Menschen gefärbt. Hafis beschreibt hier einen Färbevorgang: die Wolle wird zunächst in ein gelbes Farbbad getaucht. Beim Herausnehmen hat sie eine Art Gelbton, der grünlich schillert. Nach einiger Zeit verwandelt er sich durch den Kontakt mit dem Sauerstoff in der Luft in das dunkle Mitternachtsblau.

(ALI IPEKTCHI) Während wir über die Eigenbedarfsproduktion bei Nomaden und Bauern sprechen, kam Ende des 15. Jahrhunderts im Iran mit den Safawiden ein persisches Herrschergeschlecht an die Macht. Und diese Safawiden waren ausgesprochen interessiert an den urpersischen Künsten, unter anderem der Teppichknüpferei. Und diese Herrscher der Safawiden haben sich gute Knüpfer an den Hof geholt, haben Künstler gebeten, Entwürfe für Teppiche zu machen. Es wurden Hofmanufakturen gegründet. Unter diesen Herrschern im 16. Jahrhundert wurde der Teppich entwickelt, das heißt man hat sich über die Muster Gedanken gemacht, man hat sich über feine Knüpfungen, über das Material, über die Maße Gedanken gemacht. Und es entstand ein ganz, ganz hoch entwickelter, handgefertigter Teppich, der von der Optik her schon sehr, sehr wenig nur noch mit den Nomaden- und Bauernteppichen zu tun hatte. Feine Arabesken, Ranken, Blumen, Darstellungen von Dingen aus der Natur, zum Teil stark stilisiert. Diese Muster haben sich eigentlich bis heute mehr oder weniger unverändert erhalten und es ist eigentlich das Geburts-Jahrhundert, vorsichtig gesagt, einer zweiten Teppichgattung, wenn ich vorher die Nomaden- und Bauernteppiche ansprach, der Stadt- und Manufaktur-Teppiche.

(AUTORIN) Die Schönheit und Seltenheit dieser Teppiche begeisterten bereits im 16. und 17. Jahrhundert die Europäer – natürlich nur diejenigen, die sich diese Kostbarkeiten leisten konnten. Als Geschenke gelangten die Teppiche an europäische Höfe. Über Venedig, der wichtigsten Handelsstadt des Mittelmeerraums, kamen die Luxusgüter Persiens nach Europa.

(ALI IPEKTCHI) Im 19. Jahrhundert entwickelte sich in Europa ja ein durchaus wohlhabendes Bürgertum. Und als besonders wichtiges Datum in der Geschichte des Teppichhandels und des Teppichs in Europa wird gerne die Weltausstellung in Wien im Jahre 1873 genannt. Wie viele, viele andere Länder auch, hatte Persien einen Pavillon oder einen Stand, der mit wunderschönen persischen Teppichen dekoriert war. Als diese Messe zu Ende ging, als diese EXPO zu Ende ging, hatte man genau das gleiche Problem wie in Hannover: Was machen wir jetzt mit den Teppichen? Sie zurückzuschicken in den Iran, stellte sich eigentlich als eher umständlich dar. Und so hatten findige Leute die Idee, die Teppiche, wenn sie denn schon da waren, in Wien zu verkaufen. Und das muß mit einer derartigen Geschwindigkeit und zu so sensationell guten Preisen gegangen sein, daß bei einer Reihe von Kaufleuten die Glocken Sturm geläutet haben. Und ich kann in diesem Fall nicht ganz ohne Stolz sagen, daß das besonders offensichtlich in Täbris gewesen ist, meiner ursprünglichen Heimatstadt. Da saß unter anderem auch Hadji Nasshola Ipektchi. Ipek heißt Seide, Ipektchi der mit Seide Handelnde. Täbris liegt auf der Seidenstraße, ist also ein bißchen die Nahtstelle auch von Persien auf den Handelswegen nach Europa. Deutschland ist schon sehr, sehr früh, mit dem Beginn eines organisierten Teppichhandels, zu einem der stärksten Importländer geworden. Und es ist heute noch nach wie vor weltweit das größte Importland für handgeknüpfte Teppiche, es ist das "Goldene Land" für Teppiche.

(HOSSEIN KEYANIAN) Ich war auch zum 100-Jahresfeier des Hamburger Freihafens als Ehrengast eingeladen worden. War ein sehr großer Empfang. Wir haben ein sehr gutes Essen gekriegt im Ratsherrenkeller, und ich habe mich gewundert, warum ich dazu eingeladen worden bin. Und da habe ich am nächsten Tag am Freihafenamt angerufen, habe gesagt, hören Sie mal zu, was habe ich denn für die Stadt getan? Und da hat sich festgestellt, daß ich einer der größten Umschlag bin. In den 40 Jahren habe ich ungefähr 400.000 Tonnen Ware, jedes Jahr ungefähr 10.000 Tonnen, umgeschlagen. Deswegen bin ich dann geehrt worden. Ich weiß nur, daß ich Jahre gehabt habe, wo ich über 300.000 DM Lagergelder bezahlt habe, weil das enorm weh tut, wenn man so viel Lagergeld bezahlt. Für die Trockenfrüchte habe ich fast eine Straße gehabt, den "Alten Wandram", seine gesamten Läger habe ich voller Ware gehabt. Und dann habe ich ein Teppichlager gehabt zusätzlich.

(MUSIK / ATMO) Persische Musik

(AUTORIN) Die Hamburger Speicherstadt im Freihafen, Drehscheibe für mehr als zwei Drittel aller auf der Welt gehandelten Teppiche. Eine Stadt in der Stadt auf der Kehrwieder-Insel, durch Brücken über Fleete und Zollkanal mit der City verbunden. Seit der Einweihung 1888 lagern hinter den hohen neogotischen Backsteinfassaden der Speicherhäuser Handelsgüter wie Kaffee, Kakao, Gewürze, Trockenfrüchte und Teppiche. Auch wenn mit der Entwicklung des Containerhandels heute viele Lager leer stehen und Teile der Speicherstadt bereits in moderne Büros nach dem Vorbild der Londoner Docks umgewandelt sind, ist dieses riesige Lagerzentrum mit über 300.000 qm zusammenhängender Fläche ein bedeutender Wirtschaftsfaktor für die Hansestadt. Die Lagerhäuser, innen rationellste Baukonstruktion, außen in Gründerzeitmanier mit Türmchen, Erkern und Simsen verziert, liegen mit einer Seite zum Wasser hin, mit der anderen zur Straße. Alle Speicheretagen, Böden genannt, verfügen über jeweils zwei Luken zum Aufnehmen und Absetzen der Ware. Die hydraulisch betriebenen Winden arbeiten bis heute. Sandtorkai, Brooktorkai – hier hängen an allen Toren und Luken die Firmenschilder der Teppichhändler.

(ALI IPEKTCHI) Wenn Sie heute eine gute Teppichabteilung führen wollen, brauchen Sie Teppiche aus einer Reihe von Ländern, das heißt der Inhaber, der Einkäufer muß immer eine kleine Weltreise machen. Er kann es aber auch anders haben. Er setzt sich in den ICE oder in ein Flugzeug und kommt nach Hamburg und geht von Lager zu Lager und kann so Teppiche aus aller Herren Länder an einem oder an zwei Tagen kaufen. So macht er seine Weltreise in 48 Stunden. Und – das nächste Problem – wenn Sie Teppiche im Iran, in Pakistan, im Nepal, in China kaufen, dauert es zum Teil zwei bis drei Monate, bis Sie die Teppiche da haben. Hier kann er sie innerhalb von 48 Stunden bei sich im Laden fertig zum Verkauf haben. Die berühmte Hamburger Speicherstadt bot die Möglichkeit, Waren ohne Zollbelastung frei zu lagern. Schon in den 60er Jahren konnte man sagen: Hamburg ist der größte Handelsplatz für Teppiche weltweit.

(AUTORIN) Auf der gegenüberliegenden Seite des Brooktorkais, gewissermaßen die Lager im Visier, liegt der Freihafen-Zollhof, an dessen Rampen die LKW mit den Teppichen aus Iran abgefertigt werden. Peter Beutel ist Teppichexperte des Zollamtes.

(ATMO) Freihafen-Zollhof

(PETER BEUTEL) Das ist für die Teppichhändler natürlich das Know-how, daß sie hier die Ware so einführen können, ohne Zoll und Einfuhrumsatzsteuer zu zahlen. Müssen dann, wenn sie aus dieser Sendung etwas verkaufen, diese Ware verzollen immer jeweils bis zum 15. des darauffolgenden Monats, können die Ware auch rausgeben zur Ansicht, also aus dem Lagerbestand entnehmen, müssen dementsprechend auch ihre Lagerbücher führen und dann Ein- und Ausgang registrieren. Ausgänge müssen sie verzollen, Eingänge müssen sie wieder rückbuchen. Das sind die Vereinfachungen, die diesen Teppichhändlern eingeräumt worden ist und die sie auch nutzen.

(AUTORIN) Während heute die Zölle immer weiter herabgesetzt und vereinheitlicht werden, benötigte Peter Beutel bis vor wenigen Jahren detaillierte Kenntnisse aller Qualitätskriterien für die Wertfeststellung, um einen Teppich bestimmungsgemäß verzollen zu können. Er mußte Materialien, Herstellungsweise, Knotenart und –zahl unterscheiden.

(PETER BEUTEL) Ich bin dazu gekommen, wie eine Jungfrau zum Kind. Das ist ja bei uns so. Wir werden irgendwo hingesetzt und dann müssen wir es machen. Ich bin abgeordnet worden für ein halbes Jahr. Und aus diesem halben Jahr wurden Jahre. Und wie gesagt, in dieser Zeit habe ich mich dann langsam damit befaßt und bin dann schon fast selbst zum Teppich geworden. Alles selbst angeeignet und über Bücher und selbst bei den Teppichhändlern vorstellig geworden und gesagt: Erkär' mir, zeig mir, erklär' mir den Unterschied. Sie müssen mal darauf achten, wenn Sie einen geknüpften Teppich haben und legen den in eine Richtung ins Licht rein, dann sieht er matt, tuff aus, also ist nicht. Und wenn Sie ihn dann umdrehen, in genau das gleiche Licht, dann kommen plötzlich seine ganzen Farben zur Geltung. Der Teppich hat zwei Gesichter. Das liegt daran, weil der Knoten ja immer schief liegt.

(ALI IPEKTCHI) Wir haben in der Hamburger Speicherstadt einen der größten Bazare der Welt. Das kann keiner leugnen. Und wir haben dort viele, viele Orientalen, auch aus unterschiedlichen Ländern sitzen. So kommt durchaus ein Bazar-Feeling auf, wenn sie durch die alten Gebäude der seriösen Hamburger Speicherstadt gehen. Und wenn sie mittags in manch einem Speicher sind, dann duftet es durchaus auch exotisch, weil in manch einem Lager auch noch das Mittagessen gekocht wird.

(PETER BEUTEL) Wenn man das mal so Revue passieren läßt, da passiert eigentlich jeden Tag was. Sie wollen versuchen, hier Bazarallüren an den Tag zu legen und sind dann natürlich sehr enttäuscht, wenn wir dann mit unserer Geradlinigkeit kommen und sagen: Also, junger Freund, das geht so nicht. Meistens verstehen sie es nicht. Oder sie wollen es dann nicht verstehen. Bis sie ihren Antrag abgegeben haben, sprechen sie auch noch Deutsch. Wenn sie dann aber merken, daß da eine harte Stimme von hinten rüberkommt und daß da irgendwas nicht richtig ist, dann: Ich nix verstehen. Dann ist Feierabend. Wenn hier Teppichhändler sind und die sind nicht ganz koscher, dann heißt das bloß immer: schick sie mal zu Herrn Beutel. Dann kommen die hier nie wieder an. Die sind also sehr, na ja, verängstigt. Und meine Art ist wahrscheinlich auch nicht die, wie sie nun gerade mentalitätsmäßig dem Perser oder dem Orientalen überhaupt zusagt.

(MUSIK) Traditionelle Musik aus Azerbaidjan

(ATMO) Knüpfen Heimwerkstatt

(AUTORIN) Täbriz im Nordwesten des Iran. Das Zentrum des Teppichgeschäfts liegt am Fuße einer mächtigen Gebirgskette. Die Knüpfarbeit in den Teppichmanufakturen und der Handel mit den Teppichen ist hier reine Männersache. Anders sieht es in den Dörfern aus, wo die Teppiche von den Frauen in Heimarbeit hergestellt werden. Mali Khodoi, eine Knüpferin aus dem Dorf Osku nur wenige Kilometer von Täbris entfernt, hat ihre Werkstatt im eigenen Haus, in dem sie mit der ganzen Familie lebt. Vor der Tür liegen viele Paar Schuhe durcheinander, kleine und große. Kein Iraner betritt die mit Teppichen ausgelegten Wohnräume in Schuhen. Und auf Teppichen lebt jede Familie, egal ob reich oder arm. Ein wenig muffig riecht es in dem winzigen Raum, in dem der Knüpfstuhl senkrecht aufgerichtet an der Wand steht. Platz bleibt nur noch für das Sitzbrett vor dem Stuhl und den Samowar auf einem Tischchen daneben. Wenig Tageslicht findet den Weg durch das kleine Fenster. Im Schneidersitz auf dem Brett sitzend arbeitet die junge Frau mit immenser Fingerfertigkeit an ihrem Teppich. An einer Schnur befestigt hängen über ihrem Kopf bunte Seidenfäden herab. Immer in Reichweite liegt der Anschlagkamm neben ihr auf dem Sitz. Das Teppichmesser legt Mali nicht aus der Hand. Mit ihm schneidet sie die Fadenenden ab, wenn sie einen Knoten um jeweils zwei Kettfäden geknüpft hat. Nach jeder fertig geknüpften Reihe führt Mali einen Schußfaden wie beim Weben horizontal über und unter den Kettfäden hindurch und schlägt ihn mit dem schweren Metallkamm fest an die vorangegangene Knotenreihe an. So entsteht der Teppich aus abwechselnden Reihen von Knoten und Schußfäden. 18 qm groß soll er einmal werden, geknüpft mit reiner Seide.

(MALI KHODOI / ÜBERSETZERIN) Wenn die Frauen hier heiraten, dann ist es Sitte, daß sie ein Teppichmesser mit in die Ehe nehmen, denn die Frauen aus dieser Gegend knüpfen alle Teppiche. Wir sind 14 in unserer Familie und alle leben wir vom Teppichknüpfen. Teppiche sind zur Zeit sehr billig geworden, im Augenblick bekommen wir nichts verkauft. Alle in diesem Dorf knüpfen Teppiche. Vom Taxifahrer angefangen bis zum Hirten und Bauern. Alle knüpfen im Winter Teppiche, ihr Einkommen würde sonst nicht ausreichen. Kleine Kinder zwischen sieben und neun Jahren arbeiten hier. Wir haben selber zwei Töchter, die nach der Schule mit uns zwei bis vier Stunden knüpfen.

(ATMO) Knüpfen Heimwerkstatt

(AUTORIN) Auf Malis Knüpfstuhl spannt sich ein prachtvoller Teppich mit rotem Hintergrund. Ein Medaillon beherrscht das Mittelfeld, ausgefüllt mit einem fein gearbeiteten Rankengebilde aus Blüten, stilisierten Pflanzen und Blumen. Die freie Fläche um das ovale blaue Medaillon herum ist wohltuend für das Auge, bevor der Blick auf die nächsten zwei Medaillons fällt. Drei Stück auf der Längsachse untereinander. Um die Bordüren verdichtet sich das Muster aus Rosetten und Palmetten, die sich unzählige Male wiederholen. Ein paar Monate noch und der Teppich ist fertig, nach drei Jahren harter Arbeit.

(ZITAT) Freunde, die Tage der Rosen sind da, / Besser ist's, sich zu erfreuen. / Höret, so spricht der erfahrene Wirt: / Höret mit Seele die Worte: / / Keiner erbarmet anderer sich, / Zeiten der Freude verstreichen / Wahrlich, ich kenne nicht besseren Rat, / Kaufet Euch Wein für den Teppich. (Hafis, 14. Jahrhundert)

(ATMO) Teppichmanufaktur

(AUTORIN) In der Teppichwerkstatt von Huschang Fakher. Zur Zeit sind nicht alle Teppichstühle in Betrieb. Doch die Manufaktur hat einen sicheren Absatzmarkt, weil sie für die Hochwertigkeit ihrer Teppiche weltbekannt ist. In der Halle – groß wie ein halber Fußballplatz – stehen die Knüpfstühle senkrecht Reihe an Reihe. Barfuß sitzen die Knüpfer davor, ihre Gummischlappen liegen kreuz und quer in den Gängen. Wer nicht mehr kann, darf auch mal auf den langen Bänken ein kurzes Nickerchen halten. Ein Glasdach erhellt die Halle großzügig mit Tageslicht. Auf halber Höhe haben der Chef und die leitenden Angestellten ihre Büros. Durch die Fenster beaufsichtigen sie über fünfzig Meister und achtzig Knüpfer. Bis zu acht Knüpfer sitzen nebeneinander und arbeiten an ein und demselben Teppich. Unter ihnen Mohammad Ghasani.

(MOHAMMAD BOGHE NASE GHASANI / ÜBERSETZER) Ich habe meine Arbeit mit sieben Jahren als Lehrling begonnen. Heute bin ich 32 und Meister. Ich arbeite seit 9 Jahren hier und bin in jeder Beziehung zufrieden. Ich habe vorher in Heimwerkstätten gearbeitet und bin dann hierher gekommen, um einer richtigen und geregelten Arbeit nachzugehen. Hier haben wir alle Möglichkeiten. Die sanitären Anlagen sind in Ordnung. Zwei Mal in der Woche kommt der Arzt zu uns und wir sind versichert. Unser Lohn ist angemessen und wir sind alle sehr zufrieden. In einer Stunde verdiene ich 250 Toman. Wenn ich Überstunden mache, komme ich auf ungefähr 350 Toman. Wenn man zwanzig Jahre hier beschäftigt war, dann erhält man eine Rente.

(AUTORIN) Als Knüpfer verdient Mohammad Ghasani umgerechnet 35 Cent die Stunde. Das ist deutlich mehr als die Knüpferinnen in Heimarbeit verdienen. Er hat in dieser gut gehenden Manufaktur einen geregelten Achtstundentag. Und auch von Mohammads Rente können die Knüpferinnen nur träumen. Trotzdem wird er wie die meisten Menschen im Iran kaum von seiner Rente leben können. Geschweige denn von seinem jetzigen Lohn. Zwei und drei Beschäftigungen nebeneinander sind deshalb üblich, um teure Mieten und explodierende Lebenshaltungskosten bestreiten zu können.

(MUSIK) Traditionelle Musik aus Zentraliran

(AUTORIN) Die kleine Stadt Varamin, 50 Kilometer südöstlich von Teheran in Zentraliran. Die meisten Knüpferinnen in diesem Ort sind zugewandert, weil sie hofften, hier besser zu verdienen.

(ATMO) Heimwerkstatt von Zarah und Bonu Dotgar/Gemurmel

(AUTORIN) Zahra Dotgar sitzt mit ihrer Schwester Bonu auf der schmalen Holzbank vor dem Knüpfstuhl und sagt ihr die Muster an. Ihre Stimme tönt leise im Fluß der rhythmischen Bewegungen von Bonus Fingern, die das Florgarn geschickt durch die Kettfäden ziehen und eine Knotenreihe nach der anderen knüpfen. Es spart Bonu Zeit, wenn Zarah die Muster vorliest und den Farbwechsel angibt. Sie muß dann nicht ständig auf das Karopapier schauen und kann sich ganz auf die Knüpfarbeit konzentrieren, ohne den Faden zu verlieren. Jetzt ist wieder eine Blüte dran, ein Mina-Khaneh-Motiv. Dem Auge wird bei dieser Arbeit viel abverlangt. Schon das Anschauen der Muster erfordert höchste Konzentration, immer wieder springt der Blick. Von unzähligen Blüten zu den sich wiederholenden Palmetten und Rosetten auf dunkelblauem Grund. Vier rot- und cremefarbige Rosetten sternförmig um jeweils eine Palmette angeordnet. Die sind wiederum von winzigen roten Tulpen umschlossen. Einfarbige Flächen für eine Verschnaufpause der Knüpferin gibt es bei diesem Teppich nicht.

(ZARAH DOTGAR / ÜBERSETZERIN) Wenn wir morgens aufwachen, dann bete ich erst einmal, mache meinen Kindern Frühstück und schicke sie dann in die Schule. Nachdem ich mein Frühstück eingenommen habe, fange ich mit der Arbeit an. Bis ungefähr halb zwölf knüpfe ich, setze zwischendurch Essen und Tee auf, schaue dann und wann mal in den Kochtopf rein, damit nichts anbrennt. Mittags gebe ich meinen Kindern dann zu essen. Nach dem Essen und Beten setzte ich mich wieder an den Knüpfstuhl. Manchmal knüpfe ich bis nachmittags um fünf oder abends um sieben. Auf alle Fälle beträgt die Arbeitszeit 10-12 Stunden am Tag.

(AUTORIN) Das Leben im Iran findet auf dem Teppich statt, er ist zugleich Tisch, Stuhl, Sessel und Liege. Die Kinder von Zarah Dotgar räumen gerade das Geschirr ab und falten die 'Soffre', das geblümte Plastiktischtuch zusammen, das zu den Mahlzeiten auf dem Teppich ausgebreitet wird. Auch wenn mit der westlichen Kultur die Möblierung Einzug gehalten hat, die Bodenfläche und auf ihr der Teppich bestimmen den Raum im Orient. Abends breiten die Kinder ihre Schlafmatten auf dem Teppich aus.

(ZARAH DOTGAR / ÜBERSETZERIN) Wir knüpfen, damit wir leben können. Es ist ein anständiger Beruf. Aber als Mutter von sechs schulpflichtigen Kindern kann ich kaum von dem monatlichen Einkommen leben. Die Teppiche müßten zu besseren Preisen verkauft werden. Man müßte den Käufern klar machen, daß diese Teppiche mit Leib und Seele geknüpft wurden. Ich habe meine ganze Jugend, meine Sehkraft, mein Kreuz, meine Hände und Beine der Knüpferei geopfert, mein ganzes Leben in den Teppich gesteckt.

(AUTORIN) Die Schwestern arbeiten in Heimarbeit für die Genossenschaft ETFA. Beim Verkauf der Teppiche außerhalb der Genossenschaft müssen die Knüpferinnen das Risiko. Selbst tragen.

(ZARAH DOTGAR / ÜBERSETZERIN) Als ich selber einmal draußen auf dem Markt einen Teppich verkaufen wollte, habe ich zwei ungedeckte Schecks dafür erhalten. Sechs Monate lang bin ich hinter diesen Schecks hergelaufen, bis ich mein Geld endlich hatte. In dieser Beziehung haben wir es mit der Genossenschaft gut getroffen, da ist man wenigstens sicher. Wir brauchen die Genossenschaft. Ich habe jetzt insgesamt 32 Jahre Berufserfahrung. Wenn es hoch kommt, dann kann ich vielleicht noch fünf bis sechs Jahre arbeiten, mehr ist nicht drin. Aber was kommt danach? Ich habe weder eine Versicherung noch ein hohes Einkommen und bekomme auch keine Rente.

(BONU DOTGAR / ÜBERSETZERIN) Seit zwei Jahren verkündet man im Fernsehen, daß die Knüpferinnen versichert werden müssen, aber überall wo wir anfragen, gibt man uns keine richtige Anwort. Wer weiß, ob man uns je versichern wird. Im Augenblick sind wir es jedenfalls nicht.

(ATMO) Heimwerkstatt von Zarah und Bonu Dotgar

(BONU DOTGAR / ÜBERSETZERIN) Wenn die Kinder von der Schule heimkommen, dann knüpfen sie auch ein bis zwei Stunden. Ich habe insgesamt vier Kinder. Ich war ungefähr sieben oder acht Jahre alt, als ich mit dem Knüpfen angefangen habe. Wir waren alle noch sehr jung. Damals kamen sie und haben gesagt, daß Kinder in die Schule gehen müssen und keiner unter zehn Jahren knüpfen dürfe. Wir haben uns immer versteckt, wenn bei uns Zuhause inspiziert wurde, und wenn sie dann wieder fort waren, sind wir an unseren Knüpfstuhl zurückgekehrt.

(ALI IPEKTCHI) Wenn eine Nomadenfrau, egal ob in Persien, in der Türkei, ob in China oder in Afghanistan, oder in Nepal, wo auch immer, ihrer Tochter beibringt, wie man einen Kelim webt oder einen Teppich knüpft, weil die Tochter auch sehr, sehr früh heiratet, dann ist das existentiell notwendig. Das ist so, wie wenn Sie bei uns einem Kind Lesen und Schreiben beibringen. Und wenn dieses Kind das macht, oder gar der Mutter dabei hilft, einen Kelim zu weben, dann arbeitet dieses Kind. Aber es ist nicht die Kinderarbeit, über die wir sprechen. Nur das müssen wir differenzieren. Wenn dieses Kind gezwungen werden würde, etwas zu tun, was es eigentlich nicht möchte und auch nicht entlohnt wird dafür, dann ist es etwas, was zu verurteilen ist. Das ist Sklaverei. Das ist Mißbrauch von Kindern. Wir sprechen über ein Phänomen, was es tatsächlich geographisch sehr begrenzt, vermutlich nur in drei Ländern gibt. Wir sprechen von den Ländern Indien, Pakistan und Nepal. Unser Verband hat eine Initiative gegründet, die heißt CARE & FAIR.

(AUTORIN) Der Verband des Teppichhandels gegen Kinderarbeit existiert seit 1995. Im gleichen Jahr wurde die Internationale Initiative RUGMARK gegründet, getragen von verschiedenen großen Hilfsorganisationen mit Unterstützung von UNICEF und der deutschen Regierung. RUGMARK geht es um die Kontrolle und Zertifizierung der Teppichproduktion vor Ort sowie um Sozialprogramme für Kinderarbeiter und deren Familien. Beide Initiativen bemühen sich seit längerem um Zusammenarbeit. Illegale Kinderarbeit gibt es vor allem in den sogenannten Nachknüpfländern.

(ALI IPEKTCHI) Klassische Ursprungsländer sind natürlich die Mutter aller Teppiche, Persien, der Iran, aber auch die Türkei. Teppiche, die aus dem Kaukasus kommen, gehören zu den ursprünglichen. Teppiche aus Afghanistan, aber auch Teppiche aus Fernost, also aus China. Nur mit dem Boom der 50er und 60er Jahre war es so, daß der Bedarf an handgeknüpften Teppichen weltweit derart stieg, daß diese Regionen eigentlich gar nicht den gesamten Bedarf bedienen konnten. Und es waren findige Kaufleute, die – ich muß das heute sagen, zu meinem Leidwesen fast – die persische Teppiche genommen haben und damit in Länder gegangen sind, die ein deutlich niedrigeres Lohnniveau hatten, und diese Teppiche dort haben nachknüpfen lassen.

(MUSIK) Persische Musik

(ZITAT) ... Strahl in Strahl, verliebte Farben, / Sterne, die sich himmellang umwarben. / Unsere Füße ruhen auf der Kostbarkeit, / Maschentausendabertausendweit... (Lasker-Schüler)

(PETER BEUTEL) Mein größter Wunsch wäre, weil das ja nun der Ursprung des Teppichs ist, einmal die Teppichmesse in Teheran zu erleben und mitzumachen. Nicht mitzumachen, sondern ich möchte da mal als Gast erscheinen. Angebote habe ich, ich glaube, reichlich. Ich weiß nicht, wieviel, aber es sind reichlich. Ich kann hier wohnen, ich kann da wohnen. Ich soll nach Meshed kommen, ich soll nach Sabu kommen, ich soll nach Täbris kommen. Ich weiß gar nicht, wohin. Ich glaube, in sechs Wochen schaffe ich das nicht. Ich möchte mal die Manufaktureien besuchen und möchte mal den Teppich von der Pike auf kennenlernen. Das interessiert mich. Und das will ich mal sehen. Und deswegen werde ich in den sauren Apfel beißen und da mal hinfliegen. Obwohl – ich habe Angst. Vor den unheimlichen Temperaturen. Nicht vor den Leuten, die tun mir nichts. Aber vor den Temperaturen. Und dann immer dieses Geschlossene. So wie Sie muß ich mich wahrscheinlich auch irgendwelchen Ritualen unterwerfen und kann da nicht in Boxershorts spazierengehen. Das wird man mir wahrscheinlich dann übel nehmen. Aber das nehme ich auch noch mal 14 Tage in Kauf.

(AUTORIN) Für den Iran ist die Teppichproduktion wichtiger Wirtschaftsfaktor. Nosratollah Mahmoudsadeh, ist Direktor des ETFA-Dachverbandes in Teheran.

(NOSRATOLLAH MAHMOUDSADEH / ÜBERSETZER) Wenn wir einmal vom Öl absehen, dann ist der Teppich unser größtes Exportgut. Fast 2 Millionen Menschen leben direkt von dieser Branche. 90 Prozent der Teppiche, die wir produzieren, müssen wir exportieren. Als uns Amerika vor 20 Jahren boykottierte, haben wir 25 Prozent unseres Absatzmarktes verloren. Das hat unserer Produktion einen großen Schock verpaßt. So schnell kann man dafür keinen Ersatz finden. Natürlich haben somit die politischen Umstände immer einen großen Einfluß auf dieses Geschäft. Schauen Sie, der Krieg in Afghanistan und der 11. September haben die ganze Welt verunsichert, insbesondere Amerika und einige europäische Länder. Was hat das für Konsequenzen für den Teppich? Der Teppich ist ein Luxusartikel. In Europa stehen Luxusartikel erst an siebter Stelle. Wenn ein Deutscher oder Amerikaner einkaufen geht, dann befriedigt er zuerst seine Grundbedürfnisse und dann erst wendet er sich dem Luxus zu.

(MUSIK) Persische Musik

(ALI IPEKTCHI) Das Geschäft wird von Großflächen-Anbietern gemacht. Und der klassische Orientteppich-Händler ist gar nicht mehr so auf dem Markt vertreten, wie er das vielleicht vor 30 Jahren noch war. Dadurch ist der Wettbewerb auch deutlich schärfer geworden. Während wir vor 30, 40 Jahren schöne Teppiche angeboten haben, und das sage ich wirklich in aller Härte, bieten wir heute oftmals nur noch Preise an. Und eigentlich bieten wir nicht mal Preise an, sondern wir bieten Rabatte an. Das heißt, wenn Sie Ihre Zeitung, hier in Hamburg unser "Hamburger Abendblatt", aber jede andere Zeitung auch, wenn Sie die in der Woche schütteln, wird Ihnen mindestens einmal pro Woche ein großer, farbiger Folder entgegenkommen mit vielen, bunten, schönen Teppichen. Aber noch mit viel, viel schöneren, großen roten und gelben Balken und Preisreduktionen, die bis zu 80 Prozent und mehr gehen. Und das Erstaunliche ist, diese Prospekte zeigen auch Wirkung. Und so gibt es und gab es durchaus Unternehmer, die eigentlich von Ausverkauf zu Ausverkauf eilen. Der Teppich ist für einen Konsumenten grundsätzlich ganz, ganz schwer einzuschätzen. Man kann ein X für ein U vormachen. Und wenn eine Materie, die so schwer zu erfassen ist, die aber ja durchaus sich in einem Preisniveau abspielt, was hoch attraktiv ist, dann zieht sie natürlich wie Licht die Motten, zieht sie auch, ganz klar, unseriöse Gestalten an. Das hat natürlich auf den Teppichhändler an sich einen ganz, ganz furchtbaren Schatten geworfen, das heißt für viele Menschen ist das Wort "Teppichhändler" synonym mit Roßtäuscher, Betrüger.

(PETER BEUTEL) Ich habe hier selbst einen großen Teppichhändler gehabt aus Lübeck, der hat einen Bruder, und der hat das genauso gemacht.

(AUTORIN) Peter Beutel, Teppichexperte des Zollamtes:

(PETER BEUTEL) Mit Klunkern behangen. 'Ich kommen von meinem Schießmichtot, und ich soll Ihnen hier den schönen Teppich und so – und Sie müssen, also das ist Seide, so was Schönes und so was Exquisites!' Und wie gesagt, durch sein Auftreten, behangen mit Klunkern und Botschen und so weiter, die Nobelkutsche vor der Tür. Die Leute fahren darauf ab. Und dann kam der andere wieder hin und hat gesagt: 'Was haben Sie denn da für einen Schrott gekauft? So was hätten Sie bei mir nie gekriegt.' Und dann: 'Ihr Bruder war doch hier!' Und dann war der Zwist groß. So was gibt es hier auch. Also, das ist das Traurige an dieser ganzen Geschichte, daß die sich gegenseitig kaputtmachen. Und beschupsen sich auch gegenseitig. Nur, wenn Sie dahin kommen – uns beschupsen sie auch.

(MUSIK) Persische Musik

(HOSSEIN KEYANIAN) Ich finde, Hamburg ist die schönste Stadt der Welt. Behördenmäßig und so weiter. Einmalig, wirklich. Das gibt es nirgends in der Welt. Solche Behörden, wenn man etwas fragt, wenn man etwas will, kriegt man am nächsten Tag die Antwort. Man telefoniert in Baubehörde, will man eine Unbedenklichkeitsbescheinigung haben zum Verkauf dieser Wohnung meinetwegen, kriegt man – morgen haben Sie es in der Post. Wenn Sie das in Persien machen wollen, brauchen Sie drei Monate. Im allgemeinen in Hamburg werden Moscheen oder Großbauten wie Kirchen und so weiter nur dann genehmigt, wenn das Geld hundertprozentig bei der Bank für den Bau abgesichert ist. Da ist eine Ausnahme gemacht worden von Herrn Newermann für die persische Kolonie hier. Da haben sie, ohne daß das Geld in der Bank lag, eine Baugenehmigung gegeben. Und dann haben wir von den Banken Geld genommen und die Moschee hinterlegt als Sicherheit. Das ist auch einmalig in der Kreditgeschichte von Hamburg, daß eine Moschee also sozusagen finanziert wird von einer Bank. Es ist auch einmal so was ähnliches passiert mit Hagenbeck. Hagenbeck hat einen Elefanten hinterlegt, um Geld für Hagenbeck zu bekommen. Wenn Sie mal eine Hamburger Tour machen wollen, dann werden Sie auch diese Moschee besichtigen. Eine der schönsten Moscheen Europas ist es ja geworden, an der "Schönen Aussicht".

(ATMO) Gebetszeit in Moschee

(AUTORIN) Gebetszeit unter der Kuppel der Hamburger Moschee. Im Zentrum des großen Rundteppichs läßt das Muster den Urknall des Universums erkennen. Seine Formen strahlen in alle Richtungen in den blauen Raum hinaus. Die Einheit und Vielheit, das Jetzt und Immer in der Fläche eines Teppichs. "Es war einer, es war keiner, außer Gott war niemand".

(Ende)
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