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Manuskript

Protagonisten im Auto in der Stadt unterwegs

11.9.1973, Funkgespräch während des Militärputsches

General Pinochet: ... Die Radiostationen müssen unsere Erklärung ununterbrochen senden: wir greifen nicht das Volk, sondern die Marxisten an, die das Volk beherrscht und ausgehungert haben.

Admiral Carvajal: Verstanden... Diese Information ist schon an den Sender weitergegeben worden.

Pinochet: Gut. Noch etwas, Patricio. Pünktlich um 11 Uhr vormittags muß die Moneda angegriffen werden, weil dieser Typ sich nicht ergeben wird.

Carvajal: Das geschieht bereits... Sie wird gerade umstellt und bald eingenommen.

Pinochet: Und er soll ins Flugzeug steigen und sofort verschwinden.

Carvajal: Verstanden... Also, es wird ihm übermittelt: Übergabe – letztes Angebot. Gerade erhielt ich die Nachricht, daß er verhandeln will.

Pinochet: Bedingungslose Übergabe! Keine Verhandlungen – bedingungslose Übergabe!

Carvajal: Verstanden. Bedingungslose Übergabe. Er wird gefangengenommen, und ihm wird nichts weiter angeboten als ... sagen wir mal... ihm sein Leben zu lassen.

Pinochet: Das Leben... und seine körperliche Unversehrtheit... und dann wird er sofort weggebracht!

Carvajal: Es bleibt also das Angebot bestehen, ihn außer Landes zu bringen.

Pinochet: Ja, das Angebot bleibt... aber das Flugzeug wird abstürzen.

Enrique 01'53" Mein einziger Gedanke war, an der Seite des Präsidenten zu sein. In so einem Moment denkst du nicht daran, was dir passieren könnte.

Manuel 02'05" Wir waren auf weltweite Unterstützung angewiesen, um unsere Ideen zu verwirklichen. Ich bin mit viel Wut, mit viel Haß hier weggegangen; ich war voller Enttäuschung.

Isidro 02'21" Als ich nach Chile zurückkam, fühlte ich mich erneut wie im Exil. Ich kam in ein Land, das nicht mehr das Land war, das wir verlassen hatten. Die Menschen hatten sich völlig verändert; sie waren sehr auf sich bezogen.

Juan 02'44" Das Exil bedeutete für mich: Vorbereitung für die Rückkehr, um gegen den Diktator zu kämpfen. Was ich dann auch getan habe.

Titel "Adiós General"

Enrique im Barrio

Enrique 04'07" Der Taxifahrer hat mich hier vorn abgesetzt. Der erste, der mich erkannte, war der Nachbar von der Ecke. Er sah mich, grüßte mich – "Hola, Caballero". So, wie ich wegging, bin ich zurückgekommen: ich bin mit einem Koffer gegangen und mit einem Koffer wiedergekommen – kein Geld, sonst nichts. Ich klingelte, und weil mir niemand antwortete, ging ich hinein – das Tor war offen. Dann klopfte ich an die Tür, und meine Mutter kam heraus. (ins on) Sie bückte sich so ein bißchen, um mich anzuschauen, und fragte, wer ich sei, was ich wolle. Ich fragte, ob sie mich nicht erkennen würde. Sie blieb eine Weile so stehen und schaute mich an – dann umarmten wir uns.

Schwester 05'07" Er kam sehr verändert zurück, er erschien mir viel dunkler, mit Schnurrbart, ein bißchen älter vielleicht. Es war eine große Freude – wir haben, glaube ich, zwei Wochen lang gefeiert.

Mutter 05'30 Das war sehr schön – einen Sohn hatte ich wieder. Aber ich mußte immer an meinen anderen Jungen denken, von dem wir nie wieder etwas gehört haben.

Enrique/Familie

Enrique 05'46" Wir bekamen einen Hinweis von einer Nachbarin hier an der Ecke. Sie teilte uns mit, daß mein Bruder in der Zentralen Unfallstation sei. Wir riefen dort an und die Krankenschwester bestätigte uns, daß er dort sei, lebend, aber durch einen Bauchschuß schwer verletzt.

Mutter 06'18" (zeigt: zwei Schüsse hier an der Stelle) Die Krankenschwester sagte uns, es ginge ihm besser. Das sagte sie – sie, die meinen Sohn betreute – sie sagte, es ginge ihm besser. Am nächsten Tag sprachen wir wieder mit ihr, und da bekamen wir die schlimme Nachricht, daß er nicht mehr da sei. Der Schwester hatten sie gesagt, er sei weggebracht worden.

Bruder 06'50" Das ist für mich das Schlimmste: sie haben meinen Bruder verwundet und ließen ihn dann behandeln. Und nachdem man ihn wiederhergestellt hatte, brachten sie ihn weg, um ihn zu foltern. Das heißt, sie ließen ihn nur am Leben, um ihn dann zu foltern und umzubringen.

Bilder von Gedenkfeier

Kommentar 07'25" Eine Gedenkveranstaltung auf dem zentralen Friedhof von Santiago de Chile. Die Fotos erinnern an die Männer, die für den persönlichen Schutz des Präsidenten Salvador Allende verantwortlich waren. Gemeinsam verteidigten sie den Präsidentenpalast gegen die Putschisten, die die demokratisch gewählte Regierung bekämpften und eine Diktatur errichteten.

07'56" Nur eine Handvoll von ihnen hat den Militärputsch überlebt. Die anderen wurden am 11. September 1973 und in den Tagen danach gefangengenommen, gefoltert und später ermordet. Die wenigsten von ihnen sind im Kampf gefallen. Die meisten sind verschwunden, ihre Gräber unbekannt. Bis heute ist es den Verwandten und Freunden nicht gelungen, das Schicksal dieser Männer aufzuklären. Keiner der verantwortlichen Offiziere ist bisher zur Rechenschaft gezogen worden.

Verhaftung Pinochet

Zeitungsbilder

Markt mit Odette

Odette 08'58" Das war eine totale Überraschung. So etwas hatte niemand erwartet. Wir haben uns riesig gefreut. Natürlich fragten wir uns, wie es weitergehen würde. Bleibt er in Haft? Werden sie ihn weglassen? Sollte ihm nur ein Schreck eingejagt werden? Und wir dachten: hoffentlich nicht. Selbst, wenn man ihn nur einschüchtern wollte: er soll leiden; er soll all das spüren, was er den Menschen angetan hat, damit er mitkriegt, was die anderen durch ihn erlitten haben. Was für mich das Schlimmste, das Empörendste ist, was mich wütend macht: daß er Menschen verfolgt hat, nur weil sie anders dachten. Es kann nicht sein, daß Menschen wegen ihrer Ideen eingekerkert und gefoltert werden. Nein, das ist nicht gerecht.

Putschbilder

Juan 10'48" Ich war mit dem Bruder von Enrique zusammen. Wir hatten an einem Fenster Stellung bezogen. Er wurde von einem schweren Geschoß getroffen, das ihm den Bauch aufriß, und flog gegen die Wand. Ich dachte, er sei tot. Später erfuhr ich, daß sie ihn lebensgefährlich verletzt geschnappt und in die Zentrale Unfallstation gebracht hatten. Er ist einer unserer Genossen, die verschwunden sind. Ich befand mich im 2. Stock – ich glaube, ich war einer der letzten, der ihnen in die Hände fiel. Ich hatte keine Munition mehr und wurde von einer Gruppe Soldaten festgenommen. Ich erinnere mich, daß sie ganz rote Augen hatten, genau wie ich. Wir waren alle schwarz von Pulver. Sie wollten mich gleich an Ort und Stelle töten, aber der Sergeant entschied, mich als Geisel zu nehmen. Sie wollten mich zwingen, das weiße Tuch, das ich am Arm trug, abzunehmen. Damit sollte ich meinen Kameraden signalisieren, aufzugeben. Es waren die Chauffeure, die von gegenüber aus dem Bauministerium feuerten. Als ich mich weigerte, bekam ich einen Schlag in den Magen und fiel rücklings auf die Straße, zwischen meine Genossen.

Manuel 12'18" Ich suchte einen Weg nach oben. Es gab eine Treppe, die von der Garage hinauf ins Bauministerium führte. Wir stiegen hoch, kletterten über ein paar Fensterbretter und gelangten so in den 2. Stock. Im 3. Stock bezogen wir Position. Bilder von Moneda Wir waren die letzten, die kämpften, selbst als sie die Moneda schon eingenommen hatten. Wir beschossen den gegenüberliegenden Nebeneingang des Regierungspalastes. Dort brachten sie die Gefangenen heraus und stießen sie zu Boden. Sie ließen einen Panzer auffahren und richteten sein Geschütz auf die Gefangenen. Wenn wir weitergekämpft hätten, hätte das den Tod unserer Genossen bedeutet. Also befahl ich, das Feuer einzustellen, und wir bereiteten unseren Rückzug vor.

Putschbilder

Isidro 13'10 Wir entschieden uns für die Taktik, das Gebäude als erste zu verlassen, noch vor all den Beamten und Zivilisten, die sich im Ministerium befanden. Draußen wurden alle gepackt und auf den Boden geworfen. Darunter war auch ein Freund und Nachbar von mir, der im Ministerium arbeitete. Ihm gab ich das bißchen Geld und die wenigen Sachen, die ich bei mir hatte. Ich bat ihn, alles meiner Frau zu bringen und ihr zu sagen, daß sie und die Kinder den Mut nicht verlieren sollten. Ein Offizier forderte uns alle auf, die Ausweise abzugeben und nach Hause zu gehen. Keiner hatte uns bis dahin verraten. Die Soldaten wußten nicht, daß wir es waren, die vom Ministerium aus geschossen hatten. Sie dachten, wir hielten uns dort noch versteckt, um nicht entdeckt zu werden. So gaben wir unsere Ausweise ab und gingen nach Hause.

Bilder Stadion

Stadion heute

Juan 14'35" Im Nationalstadion war ich im Abschnitt 6 interniert, zusammen mit Universitätsangehörigen und Industriearbeitern – in der Mehrzahl Leute, die wegen Übertretens der Ausgangssperre verhaftet worden waren. Wir waren zwischen ihnen untergetaucht. Wir wußten, für uns gab es nur zwei Möglichkeiten: entweder sie identifizierten und töteten uns, oder wir blieben unentdeckt und hätten eine Chance – dazwischen gab es nichts. Die Chance bot sich am 24. September, als ein Hauptmann des Sicherheitsdienstes der Streitkräfte verkündete, es würden 100 Personen aus dem Stadion entlassen. Es ging ihnen um Gefangene, die wegen der Ausgangssperre hier waren bzw. als ungefährlich galten. Das war auf internationalen Druck zustande gekommen. Wir wurden in die Tunnel unter der Tribüne gerufen, wo ein paar Militärstaatsanwälte die Gefangenen verhörten. Einem von ihnen erzählte ich meine Geschichte. Er sah mich an und sagte: "Ich glaube dir nicht" – und legte meine Papiere in einen Kasten mit dem Buchstaben D. Ich wußte, das bedeutete Folter. A hingegen, auf dem anderen Kasten, hieß Freilassung. Außerdem machte ein Sergeant der Luftwaffe erkennungsdienstliche Fotos von uns. Dazu erhielten wir ein Schild und eine Nummer. Anschließend forderte er mich auf, das Schild mit ihm zurückzubringen, und ich bemerkte, wie er dabei meine Unterlagen in den Kasten mit dem Buchstaben A legte. Ich konnte es kaum glauben.

Autoviertel / in und um die Werkstatt

Manuel 17'14" GAP ist ein Name, den uns eigentlich die Rechte gegeben hat, genauer gesagt, eine Zeitung der Ultra-Rechten. In ihr beschuldigte man Allende, er würde sich mit einer Reihe von Leuten zweifelhaften Rufs umgeben, mit Verbrechern und Schlägern, die seine Garde seien. Allende erwiderte darauf in einer Pressekonferenz, daß ihn eine Gruppe persönlicher Freunde begleite und mit ihm Haus und Tisch teile. Am nächsten Tag brachte das die gleiche Zeitung direkt als Überschrift, und so wurden wir GAP genannt – Grupo de amigos personales – Gruppe der persönlichen Freunde.

Isidro 18'08" Der Polizei war der Schutz des Präsidenten nicht anzuvertrauen. Nachdem Allende zum Präsidenten gewählt war, wurde – um zu verhindern, daß er sein Amt antrat – der damalige Oberbefehlshaber der Streitkräfte, General René Schneider, entführt und ermordet. Deswegen hielt es die Sozialistische Partei für notwendig, Allende mit vertrauenswürdigen Leuten zu umgeben, damit ihm nichts geschah. So wurde die GAP gegründet.

Archiv GAP, Enrique mit Allende

Kommentar 19'16" Enrique Ramos war einer der Männer, die sich ständig in der Nähe des Präsidenten Allende aufhielten. Sie deckten ihm den Rücken vor möglichen Angriffen.

Manuel 19'42" Bevor ich zur GAP kam, betrieb ich eine Autowerkstatt, in der ich mit einigen Freunden zusammenarbeitete. Zum Schutz des Präsidenten wurde es notwendig, die Fahrzeuge selbst zu reparieren, weil wir nicht darauf vertrauen konnten, sie in eine Werkstatt zu geben. Denn danach mußten wir sie jedesmal komplett überprüfen, um einen Attentatsversuch auszu- schließen. Das war doppelte Arbeit. Also wurde beschlossen, eine Garage aufzumachen, und zusammen mit der Werkstatt, die ich schon hatte, brachte ich auch alle die Leute mit, denen ich vertraute. Und so entstand die Garage des Präsidenten.

Enrique 21'16" Wir schliefen sehr wenig. Wenn wir Dienst hatten, traten wir so gegen drei, vier Uhr morgens an – egal, wie lange wir auf den Beinen gewesen waren –, um den Präsidenten zu begleiten. Der Rhythmus war jeden Tag mehr oder weniger gleich. Auch an den Wochenenden, weil der Präsident dann oft in die Arbeiterviertel fuhr. Er fuhr auch vor Ort, wenn es Unglücke oder Naturkatastrophen gegeben hatte, und wir sind immer bei ihm gewesen. Wir haben sehr wenig geschlafen. Und freie Tage gab es praktisch nie.

Patan und Isidro zum Essen

Manuel 22'08" Wir waren Menschen mit einer großen politische Unruhe. Unser Leben war ziemlich trostlos, weil es für die Mehrheit der Jugendlichen keine Möglichkeiten gab. Es war nicht daran zu denken, an eine Universität zu kommen. Warum? Weil wir schon früh anfangen mußten zu arbeiten. Ich erinnere mich, daß wir Flaschen gesammelt haben, mit sechs, sieben Jahren; wir verkauften leere Flaschen, damit wir ein bißchen Geld hatten, um ins Kino gehen zu können, um einen Film zu sehen. Aber in einem Arbeiterviertel aufzuwachsen, bedeutet auch, daß man von klein auf schnell und schlau sein muß – bist du es nicht, fressen dich die Piranas. Man muß flink im Denken sein, intelligent und hellwach. Diese Eigenschaften besaßen viele unserer Freunde, und das half uns später, politisch aktiv zu werden. Das zeichnete die meisten aus, die zur GAP kamen: es waren Leute aus dem Volk, aus den Arbeitervierteln von Santiago, sehr lebhaft, sehr klug, aber eben auch sehr undiszipliniert. Disziplin in diese Gruppe zu kriegen – das war eine Sache für sich.

Erklärung Pinochet

Pinochet: 23'58" "Wenn eine Gesellschaft sich im Ausnahmezustand befindet, ist es nicht nur notwendig, bestimmte Einschränkungen zu verschärfen, sondern zeitweilig auch Rechte von geringerer Bedeutung außer Kraft zu setzen."

Manuel durch Autoviertel

Manuel 24'23" Nachdem mir die Flucht aus Chile gelungen war, mußte ich erkennen, daß wir die militärische Situation unseres Landes ziemlich naiv eingeschätzt hatten, was vor allem mit unserer Unkenntnis in solchen Fragen zu tun hatte. Daraus zog ich für mich Konsequenzen. Zunächst ging ich nach Kuba auf eine Kadettenschule. Es hat mich viel Kraft gekostet, mit meinen 33 Jahren all das absolvieren zu müssen, was andere mit 18 hinter sich bringen. Aber ich habe es gemacht. Später besuchte ich dann die höhere Militärakademie. Das hat mich widerstandsfähiger gemacht, half mir, meine Wut zu bändigen. Es gab mir die Kraft, an meinen Überzeugungen festzuhalten.

Aris am Schwimmbad

Kommentar 25'26" Arismando Muñoz war ebenfalls Mitglied der GAP. Nach fast zwanzig Jahren Exil lebt er heute mit seiner Familie in einem Ort an der Küste und betreibt dort ein Ferienanlage.

Aris 25'40" Ich wollte immer nach Chile zurückkehren. Aber die Zeit verging, die Lage dort wurde mit jedem Tag schlimmer, und ich durfte nicht zurück. Als mein Vater starb, stellte ich einen Einreiseantrag. Weil ich Mitglied der GAP gewesen war, verlangte man von mir, mich von Allende zu distanzieren und öffentlich in der Zeitung "El Mercurio" um Verzeihung zu bitten. Da erinnerte ich mich an die Worte meines Vaters. Als ich ihm einmal am Telefon vorgeschlagen hatte, ihn zu mir zu holen, war seine Antwort: "Nein. Auch wenn ich es jetzt nur schweigend tun kann, ich werde weiterkämpfen." Also dachte ich: warum soll ich um Verzeihung bitten?

Juan 26'33" Das Exil bedeutete für mich, mich vorzubereiten, um zurückzukehren und gegen den Diktator zu kämpfen. Was ich dann auch getan habe. Ich reiste Ende 1983 nach Chile ein und baute dort eine bewaffnete Widerstandsgruppe auf. Im Januar 1985 wurde ich verhaftet und saß bis Mitte 1987 als politischer Häftling im Gefängnis von Valparaiso. Dort mußte ich miterleben, wie Carlos Godoy, einer meiner engsten Freunde, zu Tode gefoltert wurde. 1992/93, schon nach der Diktatur, stand ich an der Plaza Italia und wollte gerade über die Straße gehen. Da sah ich plötzlich ein Auto, einen Peugot – solche Wagen benutzte Pinochts Geheimdienst. Ich sah den Chauffeur und einen Mann auf dem Rücksitz, der sich umdrehte und mich anschaute. Ich erkannte ihn: es war Hauptmann Diaz Andersson, der Mann, der mich foltern ließ und Carlos Godoy tötete. Der lief frei herum – obwohl ihm eigentlich der Prozeß gemacht worden war. Ich fühlte mich so ohnmächtig. Ich hatte keine Angst, aber ich war voller Wut.

Pinochet in Wohnsiedlung

Kommentar 28'03" Anfang der 80er Jahre befindet sich General Pinochet auf dem Höhepunkt seiner Macht. Mit einer maßgeschneiderten Verfassung und einem Amnestiegesetz hat er sich unangreifbar gemacht. Der wirtschaftliche Aufschwung Chiles erlaubt es, die Lebensbedingungen auch der ärmeren Bevölkerungsteile etwas zu verbessern.

Interview 28'23"

Interviewer: Zufrieden, Präsident?

Pinochet: Sehr. Denn hier werden insgesamt 1760 Familien wohnen, in der anderen Siedlung mehr als 2000.

Interviewer: Und Sie?

Frau: Glücklich. Froh, daß alle Frauen ihr Heim haben werden, wo sie ordentlich waschen können. Massenproteste gegen die Diktatur

Kommentar 28'49" Dennoch werden die Proteste gegen die Militärregierung immer massiver. Große Teile der Bevölkerung fordern die Rückkehr zur Demokratie.

29'11" Die Polizei geht mit aller Härte gegen die Demonstranten vor.

Manuel 29'19" Ich bin dreimal hier gewesen, um die Bedingungen für einen bewaffneten Aufstand gegen die Diktatur einzuschätzen, die sich tatsächlich geändert hatten.. Als ich 1987 herkam, hatten sich die politischen Parteien schon in der Volksdemokratischen Bewegung mit den Christdemokraten zusammengeschlossen. Das Volk war bereits für eine friedliche politische Lösung. Es wäre verrückt gewesen, geradezu selbstmörderisch, auf unserem ursprünglichen Plan zu beharren. Das hätte bedeutet, den politischen Wunsch der Massen in Chile nicht zu respektieren. Wir hätten ein großes Fiasko erlebt, wenn wir auf bewaffnetem Kampf bestanden hätten.

Kampagne für das "NO"

Kommentar 30'18" Die demokratischen Kräfte mobilisieren die Bevölkerung in einer landesweiten Kampagne für das NO. Die Chilenen sind aufgerufen, sich für oder gegen die Diktatur zu entscheiden. Die Mehrheit stimmt mit Nein.

Juan 30'35" In dieser Zeit spielte sich die Bewegung schon auf der Straße ab. Wir brauchten nicht länger illegal zu sein und konnten uns den Massen anschließen. Wir beteiligten uns an der Kampagne für das "NO". Das war wie ein Traum, nach so langer Zeit im Untergrund. Daß man uns hörte, daß man uns sah – das war wie ein Hauptgewinn, bei diesen großen Massenprotesten dabeizusein, an die anfangs niemand zu glauben gewagt hatte und die dann wirklich großartig waren.

Amtsübergabe Pinochet an Aylwin

Kommentar 33'39" Die Militärregierung sieht sich zu Verhandlungen mit den demokratischen Parteien gezwungen und muß freien Wahlen zustimmen. Patricio Aylwin, der Kandidat der Christdemokraten und Sozialisten, geht aus den Wahlen als Sieger hervor. Pinochet bleibt Oberbefehlshaber der Streitkräfte.

Aris 31'44" Ich habe auch Verständnis für die Chilenen, die 17 Jahre Diktatur im eigenen Land aushalten mußten. Aber wir sind so etwas wie Fremde im eigenen Land. Meine vier Kinder z.B. sind in Kanada geboren, zwei sind dort geblieben, zwei sind mit mir zurückgekehrt. Meine Kinder sind also weder von hier noch von dort. Ein Teil von mir ist in Kanada geblieben, aber ich bin Chilene. Von Leuten, die nicht weg konnten oder mußten, weil sie z.B. nicht in Lebensgefahr waren, nehme ich so etwas war wie... nein, keinen Neid, aber einen versteckten Vorwurf: ihr wart auf Reisen, während wir das alles ertragen mußten. Die Rechten wiederum fragen: warum kommen die zurück? Wir sitzen also zwischen zwei Stühlen. Wir werden nicht gerade geliebt.

Juan am See

Juan 33'10" beim Training Als ich begann, in Chile Arbeit zu suchen, nahm ich an einem Auswahlverfahren des Kanuverbandes des Chilenischen Olympischen Komitees für eine Stelle als Trainer teil. Beim Vorstellungsgespräch mit dem gesamten Vorstand fiel mir auf, daß jemand dabei war, der nichts mit dem Verband zu tun hatte. Später erfuhr ich, daß es ein Geheimdienstoffizier war. Er hatte meinen Lebenslauf und fing an, darin zu blättern. "Die Papiere sehen gut aus. Ausbildung an der Sporthochschule Leipzig, das ist schon was. – Sie waren im Exil?" "Ja", sagte ich, "ich bin im Exil gewesen." "Wo?" "In der DDR; ich habe in Leipzig studiert und dann in Berlin gelebt." Die Direktoren meinten daraufhin, daß sie mit Terroristen wie mir nicht arbeiten könnten; sie ständen auf der Seite Pinochets. Also nahm ich meine Papiere und wollte gehen, denn sie hatten mich schließlich nach meiner beruflichen Entwicklung gefragt und nicht nach meinem politischen Werdegang. Der Typ vom Geheimdienst sagte, es könnte ja sein, daß ein Irrtum vorläge und daß ich bleiben solle. Aber ich erklärte, daß es für mich ein prinzipielles Problem sei. Wenn ich weiß, daß ich wegen meiner Vergangenheit unter politischem Druck stehe, kann ich nicht arbeiten. Das bedeutete einen sehr harten beruflichen Rückschlag für mich.

Polizeiliche Vorbereitungen zum 11.9.98 / GAP an der abgeriegelten Moneda / Gedenkfeier

Briones 36'23" Auf der Straße begegnete man Chinesen, Negern und anderen Ausländern. Alles Leute, die nicht von hier waren. Von denen hatte Präsident Allende einige ausgesucht, die ihm am geeignetsten erschienen. Die ernannte er zu seiner "Persönlichen Garde". Es waren nicht die Streitkräfte, die für Allendes Sicherheit sorgten, sondern diese Garde, die sich GAP nannte, "Grupo de Amigos del Presidente" – Gruppe der Freunde des Präsidenten. So war das. Friedhofsbilder

Briones 38'22" Es wird sehr viel von den Verhafteten und Verschwundenen geredet. Zweifellos gab es Verhaftete, zweifellos gab es Verschwundene – in 17 Jahren Militärregierung ist viel geschehen. Aber solche Dinge sind vor allem in den ersten sechs Tagen passiert. Ich verstehe den Schmerz der Leute, die die Gräber ihrer Kinder nicht gefunden haben. Aber nach 25 Jahren muß es damit auch mal ein Ende haben.

Enrique in Barrio

Enrique 39'06" Solange es keine Wahrheit und keine Gerechtigkeit gibt und die Schuldigen nicht bestraft sind, kann es keine Versöhnung geben. Denn der Schmerz der Menschen, die ihre Angehörigen verloren haben, ist sehr groß. Ich habe einen Bruder verloren. Er starb nicht im Kampf, er wurde ermordet. Deshalb kann ich mich nicht mit den Menschen von der anderen Seite aussöhnen. Sie sollen mir erst sagen, wo der Leichnam meines Bruders ist. Denn wir haben ihn bis heute nicht gefunden.

Auffinden von Massengräbern, Exhumierung

Enrique mit Familie

Gespräch 40'02"

Schwester: Wie kann man eine Leiche nach so langer Zeit identifizieren?

Enrique: Man schickt die Reste in spezielle Laboratorien. Sie werden untersucht und dann werden die Ergebnisse den Familien mitgeteilt.

Schwager: Nach der Form des Schädels kann man ein Computerbild erstellen, das ungefähr das Gesicht zeigt.

Enrique: In Osvaldos Fall könnte man es durch den Unterkieferbruch feststellen.

Mutter: Als Kind ist er in der Schule eine Treppe runtergefallen.

Enrique: Hier ist er aufgeschlagen; dadurch könnte man es herausfinden.

Bilder Ausgrabungen

Briones 41'42" Wir von der Stiftung sind der Meinung, daß die gegenwärtige Kampagne gegen den Präsidenten Pinochet, den Senator auf Lebenszeit, ungerecht ist. Denn er war nicht der Diktator, der Menschen getötet hat. Das war nicht so. Es war ganz anders. Natürlich hat es in den ersten Tagen Tote gegeben – es war Krieg...

Bilder Militär

Manuel 42'25" Die Militärs haben nicht nur die Verfassung gebrochen, sie sind auch zu Verrätern an ihrem eigenen Volk geworden. Sie haben sich in Gefängniswärter, Folterer und Mörder ihres eigenen Volkes verwandelt. Eine hinterhältige Attacke gegen das unbewaffnete Volk als siegreiche Schlacht auszugeben, ist kein Grund, stolz zu sein und sich ehrenhaft zu fühlen. Ich glaube, genau hier liegt ihr großes Problem. Aber es ist leider nicht nur das Problem der Militärs, sondern eins der gesamten chilenischen Gesellschaft. Eigentlich sollte man von den Militärs erwarten, daß sie sich der Zivilgesellschaft, von der sie sich weit entfernt haben, wieder annähern. Aber tatsächlich sind sie eine außenstehende Kaste.

Aris mit Tito

Kommentar 43'29" Arismando arbeitet geschäftlich mit Tito Aguirre zusammen, der ein Restaurant besitzt. Als Abgeordneter einer rechtskonservativen Partei sitzt er im Stadtrat des kleinen Ortes am Meer. Früher gehörte er einer radikalen nationalistischen Bewegung an. Trotz ihrer politischen Differenzen sind Tito und Arismando Geschäftsfreunde.

Tito 44'14" Ich persönlich schätze Pinochet sehr. Vor allem muß man eines wissen: das alles ist nicht passiert, weil Pinochet das so wollte. Er war ein Mann der Waffen, sein ganzes Leben. Er wollte Soldat sein. Ein Soldat im Dienste der Verfassung, im Dienste seines Landes. Als es nötig wurde, hat er sich nicht darum gerissen, die Macht zu übernehmen: die Leute haben ihn aufgefordert, das kann niemand abstreiten. In der jetzigen Regierung sitzen eine Menge Leute, die Pinochet damals darum gebeten haben, die Macht zu übernehmen, um uns vor Schlimmeren zu bewahren. Ich glaube nicht, daß er persönlich befohlen hat, jemanden zu töten. Möglicherweise hat er einige Befehle gegeben... Aber ich denke, Pinochet hat viel für Chile getan, und das, was wir heute wirtschaftlich sind, haben wir ihm zu verdanken. Hier vergessen die Leute gern. In diesem Land hat es viel Hunger gegeben, die Leute sind sogar Hungers gestorben – was schrecklicher ist, als durch eine Kugel zu sterben... obwohl keines von beidem gut ist.

Aris 45'22" Als Chilene wäre ich wirklich stolz, wenn Pinochet in Chile der Prozeß gemacht würde – egal, ob für oder gegen ihn -, aber ein richtiger Prozeß! Doch unter den momentanen Bedingungen, dem Amnestiegesetz und diesem Obersten Gerichtshof – halte ich das nicht für möglich.

Tito 45'48" Keiner kann sich der Justiz entziehen. Hier kann jeder verurteilt werden, bis hin zum Präsidenten. Wenn er während seiner Regierungszeit Fehler gemacht hat, soll er verurteilt werden. Ob es Gründe gibt? Es gibt Anklagen. Ich weiß nicht, ob es Gründe gibt. Anklagen gibt es.

Aris 46'11" Aber du sagst, daß er in Chile verurteilt werden soll – nur wie, ohne Verfassungsreformen, ohne Änderung des Amnestiegesetzes?

Tito 46'17" Wir können eine große Reform machen, wenn wir Pinochet hier haben und er vor Gericht gestellt werden soll. Wir können nicht die Gesetze ändern, nur damit er hergebracht wird.

Aris 46'26" Und wenn sie ihn herbringen, und er bleibt frei?

Tito 46'30" Daran zweifle ich nicht. Denn es ist unser Gesetz. Wie kann man das Gesetz ändern, Arismando, nur, um einen Typen festzusetzen?

Aris 46'38" Wenn ihr mich fragt, ob es die Voraussetzungen gibt, um ihn in Chile zu verurteilen – nein, ich denke nicht; die Bedingungen dafür sind nicht vorhanden. Fragt Tito – er weiß viel und hat viele politische Freunde – du weißt es z B. von Leuten aus der Regierung und der Opposition: wenn Pinochet hierher nach Chile kommt, und sie ihn vor Gericht stellen, würde er freigesprochen.

Pinochet im Kongreß

Kommentar 47'11" Im März 1998 zieht Pinochet als "Senator auf Lebenszeit" in den Kongress ein. Ganz legal, wie es die Verfassung von 1980 vorschreibt. Der massive Protest der sozialistischen Abgeordneten kann dies nicht verhindern.

Fernsehnachrichten

Sprecherin 47'57" "In diesen Minuten erwarten wir die offizielle Nachricht aus London:... Es ist amtlich, es ist amtlich! Vom britischen Innenministerium wurde soeben bestätigt, daß Außenminister Jack Straw grünes Licht für die Auslieferung Pinochets gegeben hat."

Aris und seine Frau fallen sich in die Arme – ihre Freude im Wechsel mit der Stimmung in der Pinochet-Stiftung

Briones 48'39" Meiner Meinung nach kann oder will der Weltsozialismus nicht akzeptieren, daß eine Militärregierung so erfolgreich gewesen ist. Denn zweifellos schadet das dem Ansehen des Sozialismus. Deswegen meinen wir von der Stiftung, daß es hier nicht um Menschenrechte geht, sondern um eine politische Kampagne.

Pinochet-Anhängerinnen vor der Stiftung

Aris mit Tito

Aris 49'24" Du willst, daß er zurückkommt; ich will, daß er zurückkommt; und die Rechten – wollen sie oder wollen sie nicht, daß er zurückkommt? Ja oder nein?

Tito 49'29" Was meinst du?

Aris 49'30" Ich glaube, sie wollen nicht, daß er zurückkommt. Sie benutzen ihn als politisches Argument. Weißt Du, was der Präsident von der Partei "Nationale Erneuerung" gesagt hat?: "Das Ganze wird ein Motor für unsere zukünftige Wahlkampagnen sein". Was will er damit sagen? Daß der Fall Pinochet genutzt wird, um die Rechte zu vereinen und politisch zu stärken?

Tito 49'49" Das wird der Fall sein.

Aris 49'51" Na, also!

Tito 49'57" Das Regierungsbündnis ist gespalten.

Aris 49'58" Aber warum opfern sie dann den Alten? Warum lassen sie ihn nicht zurückkommen, damit er seine letzten Jahre in Chile verbringen kann? Auch wenn er nicht Senator bleibt.

Tito 50'09" Die englische Regierung hat entschieden, daß er nach Spanien ausgeliefert wird, nicht unsere. Es wäre Sache unserer Regierung, zu fordern, daß man ihn nicht ausliefert. Aber in ihr gibt es eben unterschiedliche politische Interessen; man müßte verhandeln. Das Regierungsbündnis von Christdemokraten und Sozialisten ist sowieso am Ende – ciao, Regierungsbündnis. Die Christdemokraten werden sich einen anderen Partner suchen müssen, der besser zu ihnen paßt...

Aris 50'33" Das glaube ich nicht.

Tito 50'35" ... und zwar nicht die Sozialisten.

Aris 50'36" Ich glaube es nicht.

Tito 50'38" Die Christdemokraten sind schon seit Jahren gespalten. Da ist einmal die Christliche Linke, oder wie sie auch immer heißen mag. Die andere Fraktion wird sich mit der Rechten verbünden, und sie werden sich auf einen gemeinsamen Kandidaten einigen.

Marktbilder mit Odette

Odette 51'00" Unsere Gesellschaft ist sehr polarisiert. Du spürst es, wenn Du mit Menschen zusammen bist, obwohl jeder versucht, sich nichts anmerken zu lassen. Im Büro arbeitest du mit Leuten von der Rechten und von der Linken zusammen und empfindest ein gewisses Unbehagen, das du versuchst, nicht hochkommen zu lassen. Aber du weißt, es ist da. Das Klima hat sich wieder verschärft, es ist nicht mehr so wie vorher. In den neun Jahren Demokratie hatten wir angefangen, uns ein bißchen zu entspannen und anderen Menschen etwas mehr aus dem eigenen Leben zu erzählen. Aber wenn so etwas geschieht wie jetzt mit Pinochet, dann erlebst du von neuem die Bedrohung. Du sagst dir: vielleicht hätte ich nicht so viel reden sollen; vielleicht bin ich jetzt in Gefahr; vielleicht könnte mir etwas passieren. Es herrscht viel Angst, die aus der Zeit der Diktatur geblieben ist. Die Menschen verschließen sich wieder, sie schaffen es nicht, aus sich herauszugehen. Sie fürchten sich vor der Zukunft. Trotzdem denke ich, daß wir einiges aus den bitteren Erfahrungen gelernt haben und nicht in diese Extreme der Vergangenheit zurückfallen werden.

Manuel in Werkstatt

Manuel 52'36" Ich denke, meine wichtigste Arbeit besteht heute darin, die Erinnerung wachzurufen, denn in diesem Land existiert ein Loch in der Erinnerung. Es gibt eine ganze Generation, fast zwei Generationen von jungen Leuten, die noch Kinder waren oder erst während der Diktatur geboren wurden. Sie kennen die Geschichte nicht, sie haben keine Ahnung, was passiert ist.

Juan beim Krafttraining

Juan 53'25" Ich sage meinen Schülern immer: man muß die Verantwortung übernehmen für das, was man tut, für das Richtige wie für die Irrtümer. Ich glaube, in diesem Sinne kann ich einen Beitrag leisten, auch in charakterlicher Hinsicht: den Kopf hoch halten, wenn man das tut, was man denkt; und den Kopf hinhalten für das, wovon man überzeugt ist – nicht nur für das Gute, auch für die Fehler. Den Einzelnen respektieren; das Recht respektieren, "nein" zu sagen, "ich kann nicht mehr" oder "ich will nicht mehr" – ich glaube, diese Dinge sind wichtig. Für mich war das ein schwieriger Lernprozeß. Wir mußten erkennen, daß wir nicht kämpfen, um zu sterben, sondern um zu leben. Ich glaube, viele von uns haben sich zu lange mit der Kultur des Todes beschäftigt – "kämpfen bis zum Tod", "siegen oder sterben", das ist eine Kultur des Todes. Aber man kämpft, um zu leben.

Stadtbilder/Musik

Stadtbilder

Manuel 55'02" Wir sind gerade dabei, zu uns zurückzufinden und über Versöhnung nachzudenken... Wir wollen leben. Wir lieben das Leben, wir genießen den Augenblick. Und wir wünschten, daß alle Chilenen das könnten. Was in diesen Tagen in Europa passiert, wirft ein schlechtes Licht auf die chilenische Regierung und die chilenische Justiz, weil deutlich wird, daß man in Chile weder in der Lage noch wirklich bereit ist, Gerechtigkeit zu üben oder wenigstens nach der Wahrheit zu suchen.

Juan 55'52" Was gerade mit Pinochet passiert, hat unsere Demokratie entlarvt, hat ihr den Schleier heruntergerissen – wir hatten sie schon so hingenommen, auch wenn wir nicht mit ihr einverstanden waren. Die Tatsache, daß es möglich wird, Gerechtigkeit zu üben und die Schuldigen zu nennen, stärkt die Chance für eine Schachbilder Versöhnung in unserem Land. Das ist ein langer Prozeß, aber auf dieser Grundlage kann es in der Zukunft Demokratie geben; das ist nichts, was sich automatisch entwickelt. Wir haben ja erlebt, wie die Rechten wieder aus der Deckung gekommen sind mit ihren Drohungen. Aber das ist Chile, das ist das reale Chile. Alles andere ist Maskerade. Ein Prozeß gegen Pinochet macht der Welt bewußt, daß niemand ungestraft die Menschenrechte verletzen darf und vor der Geschichte dastehen kann, als ob nichts geschehen sei. Ich glaube, das ist eine gewaltige Lektion. So ist auch die Haltung der Engländer zu verstehen: die kommenden Tyrannen der Welt sollten sich nicht so sicher fühlen. 26

Aris 57'38" Und vielen Dank, daß Ihr hergekommen seid!
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